Informationen zur genetischen Beratung für Patientinnen/Patienten und Ratsuchende

Für wen ist die Beratung gedacht?

Erblicher Brust- und Eierstockkrebs

Entsprechend neuerer, großangelegter Untersuchungen ist bekannt, dass etwa 5% aller Mammakarzinome (Brustkrebs) genetisch bedingt sind (monogen). Die häufigste Ursache sind Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2, die gleichzeitig auch mit einem erhöhten Risiko insbesondere für Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) einhergehen. Mittlerweile sind jedoch noch eine Reihe weiterer Gene als ursächlich beschrieben, die auch für andere Krebserkrankungen als Eierstockkrebs (beispielsweise Magenkrebs) prädisponieren (s. auch hier).

In betroffenen Familien zeigt sich meist eine Häufung von Brustkrebs vor der Menopause und eine Häufung von Eierstockkrebs im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, ein erhöhtes Risiko für Zweitkarzinome sowie das Auftreten von anderen assoziierten Tumorerkrankungen (z.B. Pankreaskarzinome). Auch Männer können ein erhöhtes Krebsrisiko beispielsweise für Brustkrebs haben, sie erkranken jedoch deutlich seltener.

Die genetische Testung sollte initial möglichst immer an einer erkrankten Person (Index) erfolgen, da dort die Aussagekraft am größten ist. Wird eine entsprechende erbliche Veränderung (Mutation) nachgewiesen, kann für Sie und andere Angehörige eine Anlageträgerschaft für ein erhöhtes Risiko solche Krebserkrankungen zu bekommen bestätigt oder ausgeschlossen werden. Wenn eine Untersuchung bei dem Index nicht möglich ist, kann bei gesunder Person auch eine prädiktive Diagnostik durchgeführt werden. Die Aussagekraft ist aber geringer.

Wenn bei Ihnen der Verdacht auf einen erblichen Brust- oder Eierstockkrebs besteht, erheben wir einen ausführlichen Stammbaum, sichten Ihre persönlichen und die familiären Befunde und besprechen dann, ob und ggf. welche genetische Untersuchung bei Ihnen in Frage kommt.

Ob und bei wem eine genetische Diagnostik durchgeführt werden sollte, entscheidet sich anhand diagnostischer Kriterien (s. unten), wobei sowohl die eigenen als auch die familiären Befunde Berücksichtigung finden.

Ein auffälliger genetischer Befund hat sowohl Bedeutung für die Betroffenen selbst als auch für die weiteren blutsverwandten Angehörigen. Der genetische Befund ist einerseits ausschlaggebend für die weitere Vorsorge und/oder Nachsorge, andererseits spielt er in manchen Fällen auch eine Rolle für die weitere Therapie (beispielsweise für die Anwendung bestimmter Medikamente wie PARP-Inhibitoren).

Einschlusskriterien anhand der aktuellen S3-Leitlinie und der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO, Kommission Mamma)

Familien mit (jeweils von einer Seite der Familie / mütterlicherseits oder väterlicherseits), wenn:

  • mindestens 3 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind
  • mindestens 2 Frauen an Brustkrebs erkrankt sind,  davon 1 vor dem  51. Lebensjahr
  • mindestens 1 Frau an Brustkrebs und 1 Frau an Eierstockkrebs erkrankt sind
  • mindestens 2 Frauen an Eierstockkrebs erkrankt sind
  • mindestens 1 Frau an Brust-und Eierstockkrebs erkrankt ist
  • mindestens 1 Frau mit 35 Jahren oder jünger an Brustkrebs erkrankt ist
  • mindestens 1 Frau mit 50 Jahren oder jünger an bilateralem  Brustkrebs erkrankt ist
  • mindestens 1 Mann an Brustkrebs und 1 Frau an Brust-oder Eierstockkrebs erkrankt sind

Zusätzliche Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO, Kommission Mamma)

  • Eigene Erkrankung mit triple-negativem Mammakarzinom (TNBC) mit Erkrankungsalter ≤ 60 Jahre
  • Eigene Erkrankung mit Ovarialkarzinom
  • Bei therapeutischer Relevanz (z.B. PARPi)

Mehr Informationen zu Genetische Diagnostik bei Verdacht auf Erblicher Brust- und Eierstockkrebs
finden Sie hier.

Was ist das Ziel der genetischen Beratung?

Grundlage der genetischen Beratung ist eine medizinische Fragestellung (. Die Fragestellung an sich ist häufig neutral, berührt jedoch in der Regel mehrere Lebensbereiche.

Das Ziel der genetischen Beratung ist daher abhängig von Ihren persönlichen Bedürfnissen und Interessen und wird im Vorfeld gemeinsam mit Ihnen definiert. Dabei müssen nicht zwangsläufig alle medizinischen Fragen beantwortet werden, die praktisch beantwortbar wären. Entscheidend ist, dass Sie am Ende der Beratung und Untersuchung so viele Informationen zur Verfügung haben wie Sie benötigen, um in Ihrer persönlichen Situation eine bewusste und angemessene Entscheidung für sich und Ihr Leben treffen zu können. Dieses Wissen zu vermitteln ist unsere Aufgabe.
Wir raten Ihnen nicht zu einer bestimmten Entscheidung, diese treffen Sie aufgrund Ihrer persönlichen Situation und anhand der ermittelten Ergebnisse oder Informationen.
 

Wie oft wird eine genetische Beratung durchgeführt?

Die Häufigkeit der Beratungstermine richtet sich nach dem Beratungsanlass.

Für viele Fragestellungen wird im Rahmen des Erstgesprächs eine Labordiagnostik veranlasst und der Befund in einem zweiten Gespräch mitgeteilt und besprochen. In bestimmten besonderen Situationen sind auch mehr als zwei Vorstellungstermine erforderlich.
Da die im Gespräch vermittelten Inhalte komplex sind, können zusätzliche Beratungsgespräche hilfreich sein. Sprechen Sie uns an, falls für Sie wichtige Punkte unklar geblieben sind oder Ihnen entscheidende Punkte erst im Nachgang des Gesprächs einfallen.
 

Wie muss ich mich vorbereiten?

Wir bitten, sofern vorhanden, sämtliche medizinische Unterlagen, die für den Beratungsanlass bedeutsam sind, zurechtzulegen. Damit während des Beratungstermins keine Zeit verloren wird, bitten wir Sie, die Unterlagen im Vorfeld der Beratung in Kopie bei uns einzureichen. In der Regel umfasst dies den letzten ausführlichen Arztbrief zu Ihrer medizinischen Fragestellung.

Sollte bereits ein genetischer Befund in der Familie zur medizinischen Fragestellung vorliegt, bitten wir Sie, diesen zum Beratungsgespräch mitzunehmen. Bitte beachten Sie, dass wir bei uns erhobene medizinische Befunde Ihrer Angehörigen nur mit Ihnen besprechen dürfen, wenn uns hierzu eine entsprechende schriftliche Erlaubnis der/des Angehörigen vorliegt. Diese wurde entweder im Rahmen der schriftlichen Einwilligungserklärung nach Gendiagnostikgesetz (GenDG) erteilt oder sie muss schriftlich am Tag der Beratung vorgelegt werden. Sprechen Sie daher bereits im Vorfeld mit Ihren Angehörigen, ob sie Ihnen eine solche Erlaubnis erteilen bzw. Ihnen den Befund mitgeben möchten.
 

Wie läuft eine genetische Beratung ab?

Zuerst wird die Fragestellung geklärt. Hierbei werden sowohl medizinische als auch persönliche Fragen berücksichtigt. Dann wird die persönliche und familiäre medizinische Vorgeschichte erhoben und ein Stammbaum erstellt. Sollten Sie um weitere Erkrankungen in der Familie wissen, die für Ihre Fragestellung bedeutsam sind oder sein könnten, werden die entsprechenden familiären Befunde miteinbezogen, sofern sie uns zum Beratungszeitpunkt bekannt sind (s. auch „Wie muss ich mich vorbereiten?“). Manchmal wird auch eine körperliche Untersuchung erforderlich, ggf. mit Fotodokumentation oder eine weitere Überweisung zu einem Facharzt (beispielsweise Augenarzt oder Kardiologe), entweder vor oder ergänzend zu einer genetischen Labordiagnostik. Ergibt sich aus den Befunden eine unmittelbare Verdachtsdiagnose, klären wir Sie über das weitere diagnostische Vorgehen und mögliche Konsequenzen oder Ergebnisse auf. Für die Durchführung der genetischen Labordiagnostik benötigen wir Ihre schriftliche Einwilligung.

Sofern Sie vor der Untersuchung noch Bedenkzeit brauchen, vereinbaren wir einen zweiten Termin für die Blutentnahme. Ansonsten kann diese unmittelbar im Anschluss an das Gespräch stattfinden. Wird eine Gendiagnostik vorgenommen, kann diese, je nach Fragestellung, mehrere Wochen bis Monate in Anspruch nehmen. Wenn Sie unmittelbar nach dem Termin keine Ergebnisse erhalten, ist dies also kein Grund zur Beunruhigung.  Fragen Sie uns gerne schon im Termin nach den voraussichtlichen Bearbeitungszeiten.

Sobald uns die Ergebnisse vorliegen, bitten wir Sie erneut zu einem Gespräch, erläutern den genetischen Befund und die sich hieraus ergebenden weiteren Vorsorgemaßnahmen, Familienuntersuchungen oder weiterführenden diagnostischen Schritte.  

Da die vermittelten Inhalte komplex sind, erstellen wir im Anschluss einen humangenetischen Beratungsbrief. Der Brief ist an Sie persönlich gerichtet, kann jedoch auf Wunsch auch an mitbehandelnde Ärzte verschickt werden. Sämtliche Vorgänge und Inhalte der Beratung und Diagnostik sind darin enthalten und können in dieser Form von Ihnen zu anderen Facharzt- und Vorsorgeterminen mitgeführt werden.
 

Wer berät und wo findet die Beratung statt?

Die genetische Beratung wird in unseren Räumlichkeiten in der endokrinologischen Facharztpraxis Dr. Delfs (MVZ Labor Dr. Brunner)  im Facharztzentrum Luisenstr. 7g in 78464 Konstanz von Prof. Dr. Johannes Zander (Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Laboratoriumsmedizin)
mit Qualifikation  zur fachgebundenen genetischen Beratung nach dem Gendiagnostikgesetz und Dr. Simone Brunner (Fachärztin für Laboratoriumsmedizin und Mikrobiologie sowie Infektionsepidemiologie) ebenfalls mit Qualifikation  zur fachgebundenen genetischen Beratung durchgeführt.
 

Wer sollte zum Beratungsgespräch mitkommen?

Es sollte immer mindestens die Person erscheinen, bei der eine medizinische genetische Abklärung erfolgen soll.

Bei größeren Sprachbarrieren bitten wir um Begleitung eines geeigneten Dolmetschers.
 

Wer darf außerdem zum Beratungsgespräch mitkommen?

Es gibt Situationen, in denen der Beistand von einer Vertrauensperson hilfreich sein kann (beispielsweise bei genetischen Untersuchungen von gesunden Angehörigen, die ihr Erkrankungsrisiko abschätzen lassen möchten /präsymptomatische Testung). Dabei kann, aber es muss sich nicht um ein Familienmitglied handeln, dass Sie zum Termin begleitet. Sie entscheiden selbst, wer bei Ihrem Beratungsgespräch anwesend sein soll.

Es ist empfehlenswert, die Teilnehmerzahl auf die notwendige Anzahl zu begrenzen, damit ein fokussierter Ablauf gewährleistet ist.
 

Was kostet eine genetische Beratung oder Untersuchung?

Humangenetische Leistungen sind regulärer Bestandteil des Versorgungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen. Voraussetzung ist die Überweisung durch eine(n) mitbehandelnde(n) Ärztin/Arzt. Wir sind sowohl im Rahmen der privaten als auch der gesetzlichen Krankenversicherung tätig. Für Beratungen im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung sind eine Überweisung Muster 06 und eine Überweisung Muster 10 erforderlich.

Da Privatversicherte häufig in Vorleistung gehen, fertigen wir Ihnen bei sehr teuren Untersuchungen einen Kostenvoranschlag an, den Sie vor der Untersuchung bei Ihrer privaten Krankenkasse einreichen können. Die Untersuchung wird erst begonnen, wenn uns eine entsprechende Kostenübernahmezusage vorliegt.
Untersuchungen bei Privatversicherten werden nach dem üblichen GOÄ-Satz abgerechnet.
 

Welchen Vorteil bringt es, meine Daten und Unterlagen länger als 10 Jahre aufzuheben?

Laut Gesetzgeber müssen die Daten und Unterlagen zur genetischen Beratung mindestens 10 Jahre lang aufgehoben werden. Nach dieser Frist müssen alle Unterlagen vernichtet werden, es sei denn, es liegt eine schriftliche Erlaubnis vor, diese länger zu aufzubewahren.

Wissen ist begrenzt, es wird jedoch im Laufe der Jahre und Jahrzehnte immer umfangreicher. Auch heute können nicht alle medizinischen Fragen zufriedenstellend beantwortet werden. Deshalb kann es von großer Bedeutung sein, eigene und familiäre Vorbefunde im Verlauf erneut zu betrachten, vorausgesetzt diese sind noch verfügbar.

Aus diesem Grund bieten wir an, alle Unterlagen zur genetischen Beratung und Untersuchung über die gesetzliche Frist von 10 Jahren hinaus aufzubewahren.